Sie ist drei Jahre alt, hat blaue Augen und ganz helle Haare – vor allem hat sie eine unschlagbare Mimik. Ihr Gesicht wechselt von ernst und streng in ein ansteckendes Lachen. Sie spielt den Clown und nimmt dazu Hände und Füsse zu Hilfe. Wenn sie sich über etwas freut, dann sieht und hört man das deutlich. Fünf schöne heitere Tage war sie bei uns in den Ferien, und ich weiss nicht, wer diese Tage mehr genossen hat, sie oder ich. Jetzt ist sie wieder daheim bei Mutter und Vater und ihren Schwestern. Bei uns ist der ruhige Alltag eingezogen, die Katze ist wieder mehr zu Hause. Die ersten Stunden nach ihrem Abschied waren viel zu ruhig.
Wie ist sie wohl, wenn sie nächstes Mal zu uns kommt? Grösser, das ist klar. Sie kann dann noch besser sprechen, ist wohl auch eigenwilliger.
Meine Gedanken wandern vom kleinen Mädchen zur erwachsenen Frau, die sie einmal sein wird. Kann sie ihr heiteres Wesen in ihr späteres Leben mitnehmen? Das wünsche ich ihr von ganzem Herzen. Es wäre schön, wenn sie auch dann noch ihre Freude so spontan zeigen könnte. Wenn sie mit offener Neugier und Vertrauen ihren Weg gehen darf.
Schöne Träume. Ich weiss um die Entwicklung und Veränderung von uns Menschen. Wir werden reifer, vielleicht gescheiter, ernsthafter und vor allem auch skeptischer und vorsichtiger. Jede ungute Erfahrung macht uns ein wenig härter. Sonst müssten wir permanent mit einem imaginären Helm durchs Leben gehen, der uns schützt vor seelischen Verletzungen.
Meine Gedanken fliegen weiter. Veränderung heisst auch Erneuerung. Der menschliche Körper erneuert sich mehrmals während eines Lebens. Unsere Zellen werden durch neue ersetzt, kein winziges Stückchen an uns ist gleich wie vor Jahren in unserer Kindheit. Also sind wir mehrmals ein neuer Mensch im Verlauf der Zeit.
Ich bin aber immer noch ich. Mit meinen guten und meinen schlechten Seiten, mit meinen Talenten und meinen Macken, mit meinem Lachen und meinem Fluchen. Die Seele bleibt. Und wer noch ein Zipfel Kindsein retten konnte, ist glücklich.
An diesem Punkt meines Gedankenflugs angelangt atme ich auf. Nun bin ich sicher, dass das kleine Mädchen von heute auch in zwanzig Jahren heiter und offen durch die Welt gehen wird. Hoffentlich führt sie ihr Weg auch hie und da nach Gütighausen. Vielleicht muss sie dann auch mit einem verschmitzten Lachen hinaufschauen zu einem kleinen Wölkchen, auf dem die olle Tante sitzt.
Ursy Trösch