Das Treib- und Packeis, das im antarktischen Winter fast die Hälfte des Südpolarmeeres bedeckt, und die lange Polarnacht stellen produktionseinschränkende Faktoren dar. Die meiste Zeit des Jahres bietet das Südpolarmeer eine für alle Tierarten lebensfeindliche Umwelt.
Der Krill
Im Mittelpunkt des gesamten antarktischen Ökosystems steht der Krill, ein Leuchtkrebs, der im Südpolarmeer riesige Schwärme bildet. In einem Kubikmeter Wasser können sich bis zu 30’000 Tiere konzentrieren, das sind ca. 30 kg Biomasse. Für einen Wal, der mit geöffnetem Maul in einen solchen Krillschwarm hineinfährt, ist es leicht, sich schnell satt zu fressen. Die Krillschwärme, die Millionen Tonnen Biomasse umfassen können, bewegen sich nur langsam vorwärts, wobei die Einzeltiere meist parallel in eine Richtung schwimmen.
Bei den Leuchtkrebsen befinden sich unter dem Kopf Filterbeine, die als Fangkörbe für das sehr kleine pflanzliche Plankton dienen. Von grosser Bedeutung ist, dass der Krill sich im Laufe seiner mehrjährigen Entwicklung vom Ei über das Larvenstadium bis zur Geschlechtsreife in verschiedenen Meerestiefen bis zu 2’500 m Tiefe aufhält und dort als Nahrung für andere Tiere dient. Die Leuchtorgane sind für die Kontakte der Einzeltiere im Schwarm in grosser Tiefe und vor allem nachts wichtig. Die Gesamtbiomasse an Krill in den antarktischen Gewässern wird auf 500 bis 750 Mio. Tonnen geschätzt, kann aber auch weit darüber liegen. Aufgrund der Schwarmbildung ist der Krill für Wale, Robben, Pinguine und andere Vögel besonders attraktiv.
Pinguine
Auf der Südhalbkugel sind gegenwärtig noch 18 Pinguin-Arten anzutreffen, viele Arten sind ausgestorben. Die hervorragend an die klimatischen Bedingungen der Antarktis angepassten Pinguine können auf eine über 40 Mio. Jahre währende Evolution zurückblicken, es gab sogar Riesenpinguine von 1,8 m Grösse.
Im Bereich der Antarktischen Halbinsel und auf Südgeorgien sind davon 5 Arten zu beobachten: Eselspinguine, Zügelpinguine, Adéliepinguine, Schopfpinguine und Königspinguine. Pinguine sind Vögel mit Ausnahme der Tatsache, dass sie nicht mehr fliegen. Ihre Flügel sind vielmehr zu Flippern umgebildet, mit deren Hilfe sie sich vorzüglich unter Wasser bewegen können und ihr Schwimmen könnte man durchaus als «Unterwasserfliegen» bezeichnen. Pinguine haben ein wärmendes Federkleid, das aus Daunen und dachziegelartig darüberliegenden Federn besteht, die im Wasser wie ein Taucheranzug wirken.
Einen Grossteil des Jahres verbringen die Pinguine im Wasser am Rande des Packeises. Sie kommen nur für die Fortpflanzung bzw. die Brut und Aufzucht ihrer Nachkommen an Land und müssen je nach Standort bemüht sein, ihre Küken möglichst schnell erwachsen werden zu lassen, da sie bei Einsetzen des Winters die Brutkolonien wieder verlassen und dem meerwärts wachsenden Eisrand folgen müssen. In den südlichen Bereichen wird die Zahl der Pinguine weniger durch das Nahrungsangebots limitiert, sondern durch den Mangel an eis- und schneefreien Flächen für ihre Brutplätze.
Die Zeit zwischen der Ankunft in der Kolonie und dem Legen von einem oder zwei Eiern wird genutzt für Brautschau und Werbung.
Die sehr weit wandernden Adéliepinguine kommen schon Anfang Oktober, die Zügelpinguine erst Anfang November zur Kolonie. Eselspinguine sind ortsgebundener und kommen das ganze Jahr über zur Kolonie zurück. Im Bereich der Süd-Shetland-Inseln umfasst die Zeit der Werbung bei den Eselspinguinen etwa vier Wochen, von Mitte Oktober bis Mitte November.
Gelegentlich ist bei allen Pinguinarten die am Unterbauch senkrecht verlaufende Bauchfalte gut zu sehen, hinter der sich der sogenannte Brutfleck befindet. An diesem Brutfleck fehlt das schützende Federkleid, hier wird die Körperwärme des brütenden Pinguins auf das Ei übertragen.
Das Federkleid der Pinguine isoliert so gut, dass z.B. gefallener Schnee auf brütenden Pinguinen liegenbleibt und nicht schmilzt. Es kommt immer mal wieder vor, dass
Pinguine, wenn sie sich beim Brüten nicht bewegen und den Schnee abschütteln, vom schweren und nassen Schnee erdrückt werden, da in Küstennähe in kürzester Zeit unglaublich viel Schnee fallen kann.
Haben die Adeliépinguine ihren Partner gefunden und sind sie einmal an Land bleiben, die Paare bis zur Eiablage zusammen am Nest, dann geht zuerst das Weibchen für einige Tage ins Meer, während das Männchen mit dem Brutgeschäft beginnt. Von der Ankunft bis zur Eiablage nehmen weder Adélie- noch Zügelpinguine Nahrung zu sich.
Der Adéliepinguin ist durch ein besonders dickes Federkleid und eine befiederte Schnabelwurzel besonders gut an das extrem kalte Klima angepasst. Zwischen 45 und 55 cm gross, wiegt er ca. 5 kg. Die Geschlechter sind äusserlich nicht zu unterscheiden. In der Balzperiode spielen bestimmte Balzgesten bei der Paarbildung eine grosse Rolle. Die Brutzeit dauert ca. 35 Tage.
Etwa zwei Wochen nach dem Schlüpfen der Küken wird das erste fast schwarze Daunenkleid im Laufe der ersten Mauser durch ein einheitliches graubraunes Daunenkleid ersetzt. Nach etwa 25 Tage Nestwärme folgt ein ebenso langer Aufenthalt im «Kindergarten». Eltern und Jungvögel erkennen sich an der Stimme, wenn es darum geht, das Futter nur an die eigenen Küken zu verteilen.
Selbst in einem normalen Jahr überlebt nur etwa die Hälfte der Küken das erste Jahr. Skua, Riesensturmvögel, Dominikanermöwen oder Scheidenschnäbel sind die Hauptfeinde ungeschützter Eier oder unbeaufsichtigter Küken.
Es kommt durchaus auch vor, dass durch ungeahnte Katastrophen fast die ganze Brut eines Jahres ausgelöscht wird, wie zum Beispiel auf der Insel Paulet im Südsommer 1994/95. Es konnte beobachtet werden, dass nach einer anhaltenden «Hitzeperiode» etwa 95% der Küken Anfang Februar verhungert waren. Hier stellt sich die Frage, ob in dieser Region nicht durch die ungehinderte UV-Strahlung aufgrund des Ozonabbaus das Phytoplankton als erstes Glied in der Nahrungskette so geschädigt wurde, dass für die Pinguine nicht genug Krill vorhanden war.
Im März verlassen die Adéliepinguine ihre Kolonien und verbringen bis zum nächsten Oktober den antarktischen Winter in Gruppen am Rande der Packeiszone, wo sie offenes Wasser vorfinden. Die Jungvögel versuchen erstmals im Alter von drei bis sieben Jahren eine Paarung. Erstaunlich ist, dass sie dann den Ort ihrer Geburt aufsuchen. Bei ihrer Orientierung scheint die Sonne eine grosse Rolle zu spielen. Viele Kolonien sind schon mehrere tausend Jahre alt, es werden aber immer wieder neue
Brutplätze angelegt, wenn z.B. der Populationsdruck zunimmt oder eine alte Kolonie durch äussere Einflüsse wie z.B. einen Vulkanausbruch unzugänglich wird.
cs
(Quelle: Handbuch der Antarktis, Entdecken Sie den Weissen Kontinent)
( Bilder: Krill ©3drenderings Penguin swim ©Rafael Ben-Ari Pinguin mit Küken ©JAFO )