«Tschuldigung», sagt der junge Bursche, der mir versehentlich auf den Fuss getreten ist. «Entschuldigung», «entschuldige bitte», so ungefähr lauten die Formeln, welche wir für ein meist leichtes, entschuldbares Vergehen, Fehlverhalten anwenden. Der Begriff «Sich entschuldigen» ist eigentlich widersinnig. Wie kann ich mich selbst für etwas, das ich einem andern Menschen mit oder ohne böse Absicht zugefügt habe, ent-schuldigen? Da ist das früher mehr gehörte «Pardon» noch zutreffender, weil es mindestens der Bitte um Verzeihung eher entspricht, als ein salopp hingeworfenes Esshuldigung.
Als Kinder wurden wir nach angehalten, unser Bedauern über ein von uns verursachtes Missgeschick mit den Worten «Es isch mer leid!» auszudrücken. Sich auf diese Art zu entschuldigen, war manchmal eine harte Strafte, denn so waren wir wirklich darauf angewiesen, dass der oder die Betroffene unsern Fehler vergab, uns von der Schuld befreite.
Im Zusammenhang mit den Feiern, dem Gedenken zum Ende des Zweiten Weltkrieges war viel davon zu hören, diese oder jene Institution, dieser oder jener Staatsmann habe sich für Verbrechen, Unterlassungen, die in der Zeit des Krieges begangen oder geduldet wurden, «entschuldigt». Das Rote Kreuz hat sich entschuldigt, die Regierung des Kantons St. Gallen hat sich für das Unrecht, das Paul Grüninger angetan wurde, ent-schuldigt. Die Kirchen sollten sich entschuldigen, weil sie vor den Naziverbrechen die Augen verschlossen haben.
Wenn wir uns ernsthaft mit dem ganzen Thema auseinandersetzen, spüren wir eine kolossale Überforderung. Dann stehen wir hilflos da, und können nur noch trauern.
Meist ist es die nachfolgende Generationen die sich für die Verfehlungen der vorhergegangenen entschuldigen muss. Ob uns dies davor bewahrt, dass sich unsere Nachfahren für von uns begangenes Unrecht gegenüber Menschen, Tieren, der Natur entschuldigen müssen?
Els Morf