Editorial

Editorial der Ausgabe 142 vom 24. Juli 2015

Liebe Leserinnen, Liebe Leser

«Kinder brauchen auch Ruhe!»

Ich glaube Sie alle pflichten mir bei. Besonders jetzt nach dem Schuljahresende und vor den schönen, langen Sommerferien.

Haben unsere Kinder denn wirklich so wenig Ruhe? Ich hinterfrage mich und überlege sofort selber, wie oft ich wohl meine Kinder «in Ruhe lasse»? Fazit: – Nicht wirklich oft!

Überall wittern wir Eltern Gefahren, wir haben das Gefühl verlernt, dass es die Welt gut mit einem meint und das geben wir an die Kinder weiter. Die Folge davon ist, dass es den Kindern irgendwann an Kohärenz fehlt, – an der Überzeugung, dass die Welt verstehbar und gestaltbar ist. Ausserdem fehlt es ihnen auch an Resilienz, – der Fähigkeit, psychische Widerstandskraft zu entwickeln und damit Krisen bewältigen zu können.

Lernen das die Kinder wirklich nur wenn sie regelmässig auf sich alleine gestellt sind und im freien Spiel – ohne Erwachsene, dafür mit anderen Kindern – im Spiel, welches keine Notwendigkeit oder Pflicht in sich führt? – Ich denke ja,- auch! Es werden soziale Fähigkeiten trainiert, wie man Kompromisse schliesst, Regeln findet oder Regeln verändert oder auch wie man Empathie erwirbt indem ich mich fragen muss: was muss ich tun, damit der andere überhaupt mitspielt?

Ich weiss, ich bin sehr direkt, nehme mich aber auch nicht von diesen Überlegungen aus. Seien wir doch ehrlich: Wenn wir Eltern von unserer Kindheit erzählen wird es meist romantisch. Wir schwärmen von langen Nachmittagen, Sommerferien, in denen alles möglich war, wir mit Freunden durch die Strassen, Wälder und Wiesen und Dörfer zogen. Herumalberten und Niele rauchten bis uns schlecht war. Wir träumen von der Zeit als wir in unserem Zimmer abhingen und Löcher in die Decke starrten, Musik hörten in Lautstärken jenseits der 100 Dezibel. Wir schwärmen von einem Leben in dem wir stundenlang uns selbst überlassen waren – unkontrolliert, unbeobachtet, ungefördert – und was tun wir unseren Kindern an?

Wir möchten über jede Minute genau Bescheid wissen, wo sie sind, was sie tun und mit wem sie unterwegs sind. Wir wollen jede Gefühlsregung der Kinder erfahren, kennen und zuweilen steuern. Wenn sie traurig sind versuchen wir die Schuldigen für die Traurigkeit zu finden, wenn sie Glücklich sind freuen wir uns nicht einfach nur mit ihnen sondern beziehen dies auf uns und unsere Erziehung und die Nähe die wir zum Kind haben, vielleicht verkennen wir aber die Situation und erkennen nicht, dass es damit zu tun hatte – dass wir es für eine Weile «in Ruhe liessen». Dieses unbeobachtete und geheimnisvolle der Kindheit bleibt zunehmend auf der Strecke, und – missverstehen sie mich hier nicht! Ich meine nicht das stundenlange alleine zuhause lassen, sich nicht interessieren und vernachlässigen!

Heute sind Kinder Statussymbole, welche man nicht aus den Augen lässt, Erziehung ist ein Businessplan, der Punkt für Punkt umgesetzt werden muss und Freiräume sind zuzupflastern, denn hier könnten ja Ideen aufkeimen, welche nicht in das Projekt Kind passen!

Wie wäre es mit einem Mittelweg?

«Indem wir Ihnen Vertrauen schenken, stärken wir ihr Selbstvertrauen! Gemäss dem Motto «Hilf mir, es selbst zu tun»!

Begleiten, vorzeigen, erklären, bis die Kinder es alleine schaffen, … nicht nur den Schulweg!»

(Maria Montessori, Pädagogin)

In diesem Sinne, mit dem kritischen Gedankensprung für die Sommerferien wünsche ich Ihnen weiterhin sonnig-heisse Tage und danach einen guten Start in den Alltag.

Cornelia Schumacher,
Schulpflegepräsidentin und Gemeinderätin

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