«Am 8. Februar 2004 haben Volk und Stände die Volksinitiative 'Lebenslange Verwahrung für nicht therapierbare, extrem gefährliche Sexual- und Gewaltstraftäter' und damit Artikel 123a der Bundesverfassung angenommen, der sofort in Kraft getreten ist. Er sieht eine Verwahrung mit restriktiven Entlassungsbedingungen vor. Dieser neue Verfassungsartikel ist unter Beachtung der Grundsätze der Europäischen Menschenrechtskonvention auf Gesetzesstufe konkretisiert worden (Art. Artikel 64 Absatz 1bis StGB). Der Begriff 'lebenslang' ist insofern irreführend, als auch die 'normale' Verwahrung (Art. 64 Abs. 1 StGB) grundsätzlich lebenslang dauern kann: Gefährliche Täter können für unbestimmte Zeit verwahrt werden, d.h. so lange bis sie für die öffentliche Sicherheit keine erhebliche Gefahr mehr darstellen.«
Medienmitteilungen, Der Bundesrat, 27.06.2013
Bern. Der Bundesrat hat am Mittwoch die Verordnung über die Eidgenössische Fachkommission zur Beurteilung der Behandelbarkeit lebenslänglich verwahrter Straftäter verabschiedet. Die Fachkommission soll im ersten Quartal 2014 durch den Bundesrat eingesetzt werden können. Die Kantone werden eingeladen, dem Bund Vorschläge für geeignete Kandidatinnen und Kandidaten zu unterbreiten.
Quelle: www.ejpd.admin.ch
Es stimmt einen nachdenklich, wenn seit der Annahme der Initiative über neun Jahre vergangen sind und man «erst» bei der Einsetzung der Fachkommission angelagt ist.
Vor allem stimmt es einen nachdenklich und traurig, wenn man sich die Aktualität vor Augen hält und die beiden Fälle in der welschen Schweiz, welche innerhalb kurzer Zeit zwei Menschenleben gekostet haben, in Erinnerung ruft. D.h. den einen Fall hat man noch präsent, da er erst mitte September geschah.
Ein Straftäter, der von den einen als gefährlich eingestuft wird, von anderen als therapierbar, erhält die Möglichkeit seinen Trieben weiterhin nachzugeben. Man könnte auch schreiben nachzugehen, aber ich kann nicht beurteilen, ob es ein zwanghafter Trieb ist oder «nur» ein Aussetzer.
Wer kann das wirklich beurteilen? Wer bestimmt, ob ein Straftäter – und ich meine hier nicht nur Triebtäter, sondern auch Mörder oder Autoraser, welche Leute zu Tode fahren – geheilt ist, respektive geheilt werden kann?
Es sind geschulte Spezialisten, welche nach langem Studium des Patienten und seines Verhaltens ihr Urteil fällen. Ich weiss nicht, wie sich solch ein Spezialist fühlt, wenn seine Diagnose grundfalsch war! Ich kann mir nicht vorstellen, dass dies Spurlos an ihm vorbei gehen wird. Er wird sich und seine Diagnose wohl immer wieder in Frage stellen.
Kann man überhaupt in einen Straftäter oder allgemein in einen Menschen hinein schauen und wirklich alles herausfinden, was einen zur entscheidenden Diagnose führt?
Ich kann mir das schlichtweg nicht vorstellen, dass dies möglich ist. Der Mensch, respektive der Geist und die Seele des Menschen ist nicht dasselbe wie der Körper. Man kann den Geist und die Seele nicht mit einem Computertomograph scannen. Es ist wohl möglich das Hirn zu scannen und dort Defekte zu finden, wie die sich aber auf das Verhalten des Menschen auswirken kann vermutlich nur bei sichtbarer Behinderung diagnostiziert werden.
Ich bin kein Arzt und ich kenne auch nicht alle Methoden, welche verwendet werden, um eine verlässliche Aussage zu ermöglichen.
Aber ich kann mit Bestimmtheit sagen, dass wir noch weit davon entfernt sind, die Tiefen eines Menschen wirklich zu erkennen. Wir sehen nur einen kleinen Teil und den Rest zimmern wir uns zusammen, um ein Bild zu erhalten, mit welchem wir uns ein Urteil bilden. Es gibt Menschen, die sind unglaublich gute Schauspieler.
Ich möchte nie über ein solches Schicksal entscheiden müssen, weil ich es fachlich nicht kann und weil mein Bauchgefühl, welches in diesen Fällen wohl eher negativ ist, sich damit auch nicht vereinen lassen würde.
ebu