Eingesandt: Biodiversität in der Landwirtschaft

Eine Silbermedaille im nationalen Wettbewerb «Biodiversität in der Landwirtschaft» ging nach Feldi zu Heinz Ernst, Fide Meyer und Andy Widmer mit dem Projekt «Hochstamm Obstsortengarten Feldi»

Was ist Biodiversität? Wie fördern wir sie im Obstsortengarten?

Der Begriff Biodiversität bedeutet «Vielfalt des Lebens» und umfasst somit alles, was auf der Erde lebt. Sie zeigt sich auf drei Ebenen: in der Vielfalt der Gene, der Arten und der Lebensräume.

Wir haben sie: Genetische Vielfalt im Obstgarten

  • 111 alte robuste Obstsorten (Äpfel, Birnen Kirschen, Zwetschgen), jeder Baum eine andere.
  • Sorte, eine zukünftige Gendatenbank für Pro Specie Rara.
  • Artenreiche Blumenwiese aus einheimischem Saatgut: 14 einheimische Gräser und 53 Blumenarten, wobei wir zusätzlich die bedrohten Arten Grasplatterbse, Felslöwenzahn und Knolliger Geissbart beigemischt haben. Vor etwa fünfzig Jahren war dieser Wiesentyp (die sogenannte Fromental-/Goldhafer-wiese) im Mittelland die klassische Heuwiese. Heute ist sie leider fast vollständig verschwunden.
  • 21 einheimische Wildrosenarten, d.h. 21 verschiedene Hagebuttensorten.
  • Wildsträucher in Heckenabschnitten aus Samen einheimischer Arten (Forstbaumschule Lobsigen), nicht aus Stecklingen. Dies erhöht die Vielfalt innerhalb einer Art: dadurch sind fünf Sträucher der gleichen Art nicht einfach identische Fünflinge, sondern so verschieden wie Geschwister derselben Eltern.

Wir haben sie: Eine grosse Artenvielfalt

Wir fördern sie aktiv im Obstgarten durch folgende Massnahmen

  • Wiesenmanagement: Keine Düngung der Wiese: d.h. langsam wachsende und kleinwüchsige Pflanzen haben so auch eine Chance. Keinerlei Einsatz von Pestiziden, auch nicht im Biolandbau erlaubte Mittel. Zeitlich und räumlich gestaffelter Schnitt der Wiese: dadurch verbleiben immer genügend Blütenpflanzen für Nektar suchende Insekten und Schmetterlinge, es bleiben Futterpflanzen für Raupen nach der Eiablage und für zahlreiche Lebewesen Schutz vor Fressfeinden. Wir lassen bewusst auch Altgrasstreifen stehen: der Schachbrettfalter braucht ältere Gräser zur Eiablage. Wir lassen mindestens 6-8 Wochen Abstand zwischen Heuen und Emden, damit für die Entwicklung der Heuschrecken von der Larve zum erwachsenen Tier (sie häuten sich mehrmals), ein genügend grosser Zeitraum bleibt. Wir mähen mit hochgestelltem Balkenmäher. Für diesen schonenden Wiesenschnitt erhält der Landwirt neuerdings Zusatzbeiträge. Die Blumenwiese entwickelt sich prächtig: Frühlingsschlüsselblumen im 2009 am 3 Orten, im 2010 am 13 Stellen, Klappertopf im2010 erstmals gefunden.
  • Wir haben zahlreiche Nistkästen für Höhlenbrüter aufgehängt. Einige Kästen kleben wir bewusst bis Mitte April zu. Zugvögel wie Trauerschnäpper und Gartenrotschwanz (beides Zielarten im Obstgarten), die später zurückkehren, sollen nicht alle Wohnungen schon besetzt von Meisen und Feldspatzen vorfinden.
  • Die sieben Heckenabschnitte enthalten einen hohen Anteil an Dornensträuchern. Wir fördern damit den Neuntöter und die Dorngrasmücke. Dornensträucher schützen wirkungsvoll gegen Katzen und Marder.

Es kreucht und fleucht im Obstgarten

  • Ein Biologe zählte mindestens neun Heuschreckenarten.
  • Zahlreiche Wiesenameisenhaufen. Ameisen sind nicht nur wichtig als Nahrungsquelle für Obstgartenvögel (für den Grünspecht sogar Hauptmenu!), sondern auch für die Verbreitung von Samen. Weiter brauchen Bläulinge, eine vielfältige Gruppe von Schmetterlingen, Ameisen für ihre Entwicklung: Die Raupe lässt sich nach dem Schlüpfen aus dem Ei von ihrer Futterpflanze fallen, lockt am Boden mit Duftstoffen Ameisen an, die das Räuplein in ihr Nest tragen und dort während der Entwicklungszeit zur Puppe «melken». Dabei merken sie nicht, dass die Raupe sich von der Ameisenbrut ernährt.
  • Viele Wildbienen-, Hummeln-, Wespenarten, Hornissen, Käfer, Nützlinge aller Art.
  • Viele Netzspinnenarten (sie gelten als Indikatorarten zur Bestimmung der Biodiversität).
  • Im Biotop: Wasser- und Teichfrösche, Bergmölche, die selteneren Teichmölche und sogar die sehr seltenen Kammmölche. KARCH Schweiz = Koordinationsstelle Amphibien und Reptilien Schweiz, besuchte uns deshalb. Diesen Sommer entdeckten wir den seltenen Grossen Wasserkolbenkäfer. Weiter fliegen 9 Libellenarten.

Wir haben sie: vielfältige Lebensräume dank Kleinstrukturen

Es sind dies Hecken mit Altgrasbeständen, Wiesenabschnitte mit Altgrasstreifen, zwei grosse Wildbienen-hotels, zwei grosse sogenannte Echsenburgen (Steinhaufen als Lebensraum für Amphibien und Reptilien), mehrere grosse Ast- und Heuhaufen, angrenzendes Biotop mit Naturgarten, Trockenmauer. Wichtig: ungeteerter unversiegelter Vorplatz, Kletterpflanzen, Nistkästen.

Biodiversität zahlt sich für Landwirte aus und ist Gold wert für uns alle

BirdLife Schweiz und die Vogelwarte Sempach waren massgeblich daran beteiligt, dass in der Ökoqualitätsverordnung 2010 der Strukturreichtum, der schonende Umgang bei der Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Fläche und auch die angrenzende Umgebung mit all ihren Strukturen bei der Bewertung mit einbezogen wird.


Fide Meyer, Andy Widmer, Feldi

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