Im vergangenen Herbst haben Astronomen eine gigantische Sternenexplosion, eine Supernova entdeckt. Gemäss NASA war es die bisher hellste. Seither konnte sie von den Fachleuten während Monaten beobachtet werden. Der explodierte Stern habe hundert Mal mehr Energie freigesetzt als bisher eine «normale» Supernova. Das wiederum heisse, dass er so massiv war, wie ein Stern überhaupt sein kann, ungefähr das 150-fache unserer Sonne. «So etwas haben wir noch nie gesehen», soll ein Astronom der kalifornischen Universität in Berkeley gesagt haben.
In dem kurzen Bericht, den ich darüber gelesen habe, kommt auch wieder einmal ein Wort vor, das mich umtreibt und irritiert, seit ich es zum ersten Mal gelesen habe: Lichtjahre, ein Längenmass! Licht legt in einer Sekunde 300’000 Kilometer zurück, das ist etwas mehr als sieben Mal rund um die Erde. Von der Sonne bis zur Erde braucht das Licht sechs Minuten. Die Supernova soll rund 240 Millionen Lichtjahre entfernt sein von uns.
Mir wird schon schwindlig, wenn ich mir ein einziges Lichtjahr vorstellen will: die Entfernung, für die das Licht ein Jahr braucht, um zu uns zu kommen. Es überwindet in dieser Zeit mehr als neun Billionen Kilometer – das ist rund 225’000’000 Mal rund um die Erde.
Wir könnten diese lustigen Rechenspiele fortsetzen und jetzt noch ausrechnen, wie viel Mal einer um die Erde rennen muss, um dann auf die Distanz der 240 Millionen Lichtjahre zu kommen, also theoretisch bis zur grossen Supernova. Doch mehr als Spiele sind das für Normalsterbliche nicht. Astronomen haben da wohl eine bessere Vorstellung davon, weil sie in diesen Dimensionen arbeiten. Wie ist es wohl für sie, wenn sie schlicht die Distanz von zu Hause bis zur nächsten Stadt rechnen? Vielleicht können sie sich dann das nicht mehr richtig vorstellen.
Doch unsereins kann sich nicht einmal ein einziges Lichtjahr wirklich plastisch vorstellen. Das sind Zahlen und mathematische Grössen, die in unserm Alltag keine Wichtigkeit haben. Für uns zählen ganz andere Distanzen. Wie weit ist es bis zum nächsten Laden? Bis zum nächsten Bahnhof? Bis zum nächsten Theater oder Kino? Für Leute, die nicht oder nicht mehr gut zu Fuss sind, ist schon der an sich kurze Weg vom Tisch ins Bad zu lang. Spätestens wenn ich wieder einmal an einem Samstag oder Sonntag per Bahn nach Thalheim zurückkomme, wird mir die Distanz vom Bahnhof bis nach Hause wie ein Lichtjahr vorkommen. Weit und breit kein Bus in Sicht!
Ursy Trösch