Editorial der Dorfposcht Nr. 71 vom 26. September 2003
Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe:
12. November 2003
Liebe Leserinnen und Leser
Das Jahr 2003 hat es in sich.
Hätten Sie gedacht, dass es in der Schweiz diesen Sommer vierzig Grad heiss wird? Hätten Sie geglaubt, dass die Altersrenten einmal nicht mehr sicher sind? Wer hat damit gerechnet, dass SARS, eine exotische Krankheit, die Reisebranche weltweit in die Krise stürzen könnte? Und wer hätte je gedacht, dass die Stromversorgung im stärksten Land der Welt schlapp macht – ohne Vorwarnung?
Wir glaubten, alles im Griff zu haben, alles geplant, berechnet und versichert; Zukunftsaussichten positiv. Und jetzt das; Hitzewellen, Waldbrände, Ozonspitzen, Gletscherschmelze, Virenattacken (echte und virtuelle), Rezession, Stromausfall.
Planung, die wir für gut hielten, macht sie noch Sinn oder ist sie wertlos geworden? Wir vertrauen auf die moderne Technik, doch diese erweist sich immer mehr als untauglich. Grenzen werden sichtbar. Auf vieles, was wir als gesichert und selbstverständlich hielten, ist kein Verlass mehr. So etwas beunruhigt und verunsichert.
Wir sind uns gewohnt, dass der Strom fliesst, wenn man ihn braucht. dass das Telefon und der Kühlschrank funktioniert, die Lüftung sowie der Rasierapparat, die Ständerlampe, die Waschmaschine und der Staubsauger arbeitet.
Wie soll es mit der arbeitenden Klasse in zehn oder zwanzig Jahren aussehen, wenn die Jungen auf der Strasse sitzen, weil zuwenig Lehrstellen vorhanden sind. Die Alten werden erst mit 67 pensioniert. Steht man dann ab 64 Jahren auch auf der Strasse, weil die Betriebe die hohen Sozialkosten nicht mehr mittragen können oder wollen?
Im Sport lieben wir Rekorde, doch bei Klimaphänomenen, Katastrophen und Konkursen hinterlassen sie einen Hauch von Weltuntergangsstimmung. Sollen wir wegschauen? Glauben wir, alles komme ja sowieso bald wieder besser, oder suchen wir vorsichtshalber schon mal nach den Schuldigen?
Warum ist die Welt nicht mehr, wie sie war? Bestraft jetzt etwa die Natur den Übermut der technischen Zivilisationen? Nein, nein. Die Natur ist schon mit ganz anderen Katastrophen fertig geworden, denn sie hat Zeit, viel mehr Zeit als wir Menschen. Sie ist nicht auf uns angewiesen, aber wir auf sie. Darum müssen wir lernen, gut sein zu ihr.
S. und P. Braunwalder
Der Mensch hat dreierlei Wege, klug zu handeln;
Erstens durch Nachdenken, das ist der Edelste;
Zweitens durch Nachahmung, das ist der Leichteste;
und drittens durch Erfahrung, das ist der Bitterste. (Konfuzius)