Je älter ich werde, desto besser gefallen mir moderne Intérieurs, schlichte Möbel mit klaren Linien, Räume mit viel freiem Platz und Licht. Ein, zwei Pflanzen vielleicht, freie Flächen, auf dem Tisch eine gediegene Zeitschrift und die Zeitung vom Tag. Nichts steht unnütz herum, kein Krimskrams, kein Giggernillis sagt man dem in Basel. Nüchternheit prägt die Atmosphäre.
Bei mir siehts anders aus. An zuvielen Dingen hängt mein Herz. An Mutters Kommode ebenso wie an dem schönen roten Stein, den ich mitgeschleppt habe aus der Wüste im Sinai. Und der dürre Zweig mit den leeren Fruchtkapseln vom Blauglockenbaum darf so wenig weg wie die Porzellanballerina mit dem Rüschenrock, die einst in der Sonntagsstube meiner Grosstante gestanden hat.
Nehmen wir einmal an, ich raffe mich eines Tages auf und entrümple mein Heim, bringe alle mit Gefühlen beladenen unnötigen Dinge weg, nehmen wir weiter an, ich richte mich dann gradlinig und modern ein – ein Stolperstein wird bleiben. Und der liegt Ende November unüberwindbar auf dem Weg. Der Stolperstein Weihnachtsdekoration.
Da flattern Kataloge ins Haus, da stehen in den Geschäften an den strategisch besten Stellen Regale voller Kugeln, Girlanden, Kerzen in den betörendsten Farben und Formen. Kerzenleuchter in Silber und Messing, an denen knackige Puttenengel hängen mit Täubchen und Posaunen in der Hand. Weihnachtskugeln in der Form von Kaffeekannen, Schwänen, Seesternen und Pantöffelchen, natürlich alles reich verziert mit blitzenden Steinen und glänzenden Bordüren. Daneben eine ganze Volière mit Vögeln für den Weihnachtsbaum. Und Tischdekorationen gibt es da – man kann sich nicht satt sehen.
Das sind dann die Momente, wo auch in meinem modernsten Raum jeder Wunsch nach Nüchternheit vergessen gehen würde. Krasser als je zuvor, denn es hätte ja soviel Platz für die ganzen kitschigen Herrlichkeiten. Lassen wir die Einrichtung also, wie sie ist – und auch dieses Jahr wird der Adventskranz mit den alten Kügelchen geschmückt, und am Weihnachtsbaum werden die geerbten Engel hangen.
Ursy Trösch