Kürzlich habe ich gründlich aufgeräumt – eine Riesenarbeit, aber auch eine wohltuende äussere und innere Entschlackungskur.
Das Bücherregal musste geräumt werden. Mutig habe ich Karton um Karton gefüllt mit Bänden, die ich verschenken oder weggeben wollte ins Brockenhaus. Wohlweislich machte ich dann einen grossen Bogen um die gefüllten Schachteln. Sonst hätte ich – wie mir das bei früheren Aufräumaktionen regelmässig passiert ist – Buch um Buch wieder in die Hand genommen, drin geblättert – und es dann zurückgestellt ins Bücherregal. Am Schluss wäre eine armselige kleine Beige Bücher übrig geblieben zum Weggeben.
Allerdings bin ich sicher, dass ich in ein paar Monaten ein ganz bestimmtes Buch suchen werde, von dem ich überzeugt bin, dass ich es besitze … und es ist dann eben weg.
Der Buchhandel muss ja auch leben, kaufe ich es halt neu oder frage in der Bibliothek nach.
Bei der Aufräumerei ist mir etwas ganz Besonderes in die Finger gekommen: Die «Basler Nachrichten» vom Freitag, 18. Februar 1859. Vergilbt, nur sechs Seiten umfassend, in der alten Schrift gedruckt. Ich habe eine wunderbare Stunde damit verbracht, diese 143 Jahre alte Zeitung zu lesen. Unter dem Titel steht «Des Intelligenzblattes der Stadt Basel fünfzehnter Jahrgang». Es ist die Morgenausgabe – stimmt ja, in meiner Kindheit gab es immer noch zwei Zeitungsausgaben pro Tag, eine am frühen Morgen, eine am Abend. Bemerkenswert auch die Abonnementspreise: 6 Franken für 6 Monate!
Am faszinierendsten sind die Inserate. Da wird «eine Parthie Kirschwasser zu Fr. 2.20 pro Maas» angeboten, jemand sucht einen «ordentlichen Buchbinder, fleissig und gewandt in den gewöhnlichen Arbeiten». Die Fa. Fuchs & Cie. neben dem Rathhaus teilt mit, dass «Siegellack von den ordinärsten Sorten für Paquete bis zu den feinsten englischen Sorten für Briefe wieder in reichhaltiger Auswahl eingetroffen sind». Und ein Bauer bietet Emd an «ca. 90 Ctr. franko Basel zu fünf Franken». Wenn Gras oder besser getrocknetes Gras angeboten wird – sogar als Stadtpflanze weiss ich, dass das Emd nach dem Heu der zweite Grasschnitt ist – ja, dann hat es offenbar damals in Basel noch richtiges Vieh gegeben …
Ob in 143 Jahren wohl auch jemand diese «Dorfposcht» in der Hand halten und sich beim Lesen wundern wird?
Ursy Trösch