Chorreise ins Tessin 1./ 2. Juni
Manche Singvögel sind Zugvögel, wenn auch gelegentlich flügellahm oder mit Hinkebein.
Am ersten Junisamstag starteten wir zu der von Heiri Friedrich und Hermann Mettler gewissenhaft geplanten Reise. 22 Reiselustige fanden sich um 7.20 Uhr an der Bahnstation ein oder stiegen unterwegs zu. Gutes Reisewetter war bestellt, schliesslich hatten wir mit unserem Dirigenten den Fachmann dabei!
Die rund dreistündige Bahnfahrt von Zürich nach Lugano wurde verkürzt durch einen Imbiss vom Wägeli und ein hirnstrapazierendes Schweizer Quiz der zwei Geburtstagskinder Andrea und Maya. Hätten Sie gewusst, dass Basel näher bei Paris als bei München liegt oder dass der Kanton Genf von allen Kantonen am wenigsten Gemeinden zählt? Manche/r Schreiber/in legte sich schon mal vorsorglich eine träfe Ausrede bereit für den Fall eines weniger ruhmvollen Abschneidens.
Mit Verspätung trafen wir in Lugano ein; der Lokalzug nach Ponte Tresa war schon abgefahren. Auf dem Bahnperron genossen wir den südländischen Charme der Stadt, mit dem nächsten Zug kamen wir dann zum Mittagessen in den Grenzort. Das Hotel «Del Pesce» direkt am See mit seiner Terrasse – che bella vista! Und erst seine Küche – che odore, che gusto! Nur schon das feine vitello tonnato spüre ich noch auf meiner Zunge und deshalb weiss ich, dass es kein Traum war.
Wer immer konnte, liess sich den Samstagsmarkt im italienischen Dorfteil nicht entgehen, wollte ein bisschen Italianità schnuppern, seine Augen an der bunten Vielfalt laben, vielleicht eine Salami oder venezianische Spitzen erstehen.
Am späteren Nachmittag nahm uns das Schiff nach Brusino Arsizio an Bord. Zum Glück kennt sich der Steuermann auf dem Luganersee besser aus als wir; dort kann man als Fremdling leicht die Orientierung verlieren!
Unter leicht dunstverhangenem Himmel kurvten wir vorbei an malerischen Dörfern und bewaldeten Bergen und genossen den frischen Fahrtwind. Auf die Aufforderung des Kapitäns gaben wir eine sängerische Kostprobe zum Besten – und erhielten reichen Applaus von den Fahrgästen! Wir müssen ja gut sein!
In drei Schüben brachte uns die kleine rote Luftseilbahn über den Kastanienwäldern hinauf auf die Terrasse von Serpiano, wo wir erst einmal die Aussicht auf den verästelten See mit seinen vielen Buchten genossen. Nach einem Spaziergang durch den Laubwald erreichten wir das Hotel, in dem wir die Nacht verbringen würden. Ich kann nur sagen: Nachtessen, Unterkunft, Hallenbad, alles tipptopp, so richtig für verwöhnte Gäste! Der Abend konnte auf unterschiedlichste Art und Weise genutzt werden: In der milden Luft draussen auf der Terrasse sitzen und einen Drink geniessen, die Auflösung des Schweizer Quizes mitverfolgen, spazieren gehen, an der Bar Kontakte knüpfen, plaudern, schwimmen, sogar schlafen … Nur ein eigentliches Nachtleben suchte man hier oben vergeblich!
Dafür weckten uns der Kuckuck und andere Singvögel schon beim ersten Tagesschein. Die meisten waren ausgeschlafen, und nach dem reichhaltigen Frühstücksbüffet gabs drei Varianten, um zu unserem Mittagsziel Meride zu gelangen: Für die «Verrückten» den Aufstieg auf den Monte San Giorgio, danach den entsprechenden Abstieg. Für die «Normalen» einen leicht auf- und abwärts führenden Weg durch den Wald. Für die «nicht mehr ganz Normalen» das Postauto. Dafür blieb ihnen noch Zeit zum Morgenschwimmen.
So war für jeden Fitnessgrad etwas geboten. Wer auf dem San Giorgio stand, konnte eine fantastische Rundumsicht geniessen. Wer zu Fuss unterwegs war, entdeckte seltene Pflanzen, warf hie und da einen Blick in einen Hof und entzifferte bei einem Wegkreuz oder einem Kapellchen eine Inschrift. Zeit zum Plaudern blieb alleweil genug.
Im «Grotto Fossati» am Waldrand unterhalb des Dörfchens angelangt wussten alle, weshalb sie Hunger hatten, denn alle hatten geleistet, was ihnen möglich war. Hier wurden die traditionellen Tessiner Gerichte wie Risotto, Polenta, Coniglio, Ossi buchi und Stufato gleich alle in grossen Schüsseln aufgetragen und jeder konnte probieren, was sein Herz begehrte. Wen wunderts, dass ob all dieser Herrlichkeiten die Zeit nur allzu schnell verrann und es zum Kaffee nur noch reichte, weil unser Dirigent beim Abtragen der Geschirrberge mit Hand anlegte.
Die anschliessende Postautofahrt nach Tremona – Spezialeinlage des Buschauffeurs mit Wenden in engen Gassen – und Mendrisio ist als halsbrecherisch zu bezeichnen. Manch einer machte sich ernsthafte Sorgen um den Verbleib des soeben eingenommenen Mittagessens, doch wir hatten Glück.
Auf der Rückreise – Regionalzug bis Bellinzona, IC bis Zürich – genossen wir das Sardinendosengefühl gepaart mit Temperaturen um dreissig Grad buchstäblich in vollen Zügen. Als Krönung gabs ein vorbestelltes Handwägeli-Zvieriplättli, das geschmolzene Eiswürfelwasser rettete einen mitfahrenden Hund vor dem Hitzetod und diente so noch einem guten Zweck.
Fazit: Eine rundum gelungene Reise! Bei Interesse anderer Gruppen wende man sich vertrauensvoll an Heiri Friedrich! Lediglich die angelegten Fettreserven müssten nun auf der nächsten Reise mit einem Fitnessprogramm angegangen werden!
Emmi Strasser
Übrigens: Im Chor wird vor allem gesungen, – recht intensiv – Konzerte gegeben, gelegentlich gereist, Kontakte gepflegt und Weiterbildung betrieben. Interessenten sind eingeladen zu Schnupperstunden während unseren Chorproben jeweils am Dienstagabend um 20 Uhr.