Dieser Artikel ist am 2.10. im Landboten erschienen.
Voll Freude und Stolz hat Thalheim am Samstag das neue, zwischen Thalheim und Gütighausen gelegene Schulhaus eingeweiht. Die Einweihungsgäste waren sich einig: «Hier muss Lernen Spass machen.»
Susi Sasso
Die Zeiten, da die Thalheimer Unterstüfler nach Gütighausen und die Gütighauser Mittelstüfler nach Thalheim pilgern mussten, sind vorbei. Seit Beginn des neuen Schuljahres steht der ganzen Primarschule ein neues, halbwegs zwischen den beiden Dörfern gelegenes Schulhaus zur Verfügung. Und zwar eines, auf das Thalheim wirklich stolz sein darf. Auch denen, die dem Bau anfänglich skeptisch gegenüber standen, fiel es nach einer Besichtigung am Samstag leicht, sich der Meinung jenes Stimmbürgers anzuschliessen, der bei einer Vorstellung des Bauvorhabens im Februar 1999 gesagt hatte: «Mir gefällt das vom Winterthurer Architekt Cla Werro gestaltete Projekt. Es ist leicht, mit viel Geld etwas Gutes zu machen; aber mit wenig Geld etwas Gutes zu Stande zu bringen, ist eine Kunst.»
Schon rein äusserlich wirkt der originell abgewinkelte, unter geschickter Ausnutzung des vorhandenen Platzes an den bestehenden Kindergarten angegliederte Neubau mit den wandhohen Fensterfronten und den markanten Farbakzenten sehr ansprechend, wenn auch auf den ersten Blick etwas kühn in der ländlichen Umgebung. Lückenlos begeisterten beim Rundgang anlässlich der offiziellen Enweihung am Samstag die lichtdurchfluteten Räume. Links und rechts des Haupteingangs im Untergeschoss befinden sich ein grosszügiges Handarbeitszimmer sowie der Werkenraum mit angrenzenden Material- und Vorbereitungsräumen. Im Erdgeschoss, auf der oberen Ebene des abgestuften Geländes, wurden drei neue Klassenzimmer und zwei Gruppenräume eingerichtet. Im Dachgschoss wurde ein auch als Aula nutzbarer Gemeindesaal realisiert sowie ein sehr gemütliches, kleines Lehrerzimmer mit angegliedertem Materialraum und dahinter ein grosszügig bemessenes, multifunktionell genutztes Therapiezimmer.
Nichts soll versteckt werden
Weniger gefiel einigen die offen sichtbare Drahtseilverspannung im Dachgeschoss, doch die gehört zu Werros Absicht, nichts zu verstecken, Ehrlichkeit bei den Materialien war ihm wichtig und auch gesundes Bauen. Er verliert keine grossen Worte über Baubiologie und ökologisches Bauen, vermied aber tunlichst Materialien, die giftige Dämpfe abgeben, immer im Gedanken an die Schulkinder, für deren Wohl eine gesunde Umgebung wichtig sei. Spanplatten wurden nur gerade für die Wandkästen verwendet, umso mehr genügt ökologischen Anliegen dafür der in den Klassenzimmern verlegte Kugelgarn-Teppich; nur fiel der wohnliche, blaugrüne Bodenbelag wohl vielen kaum auf in den mit Zeichnungen und Bastelarbeiten reich geschmückten Klassenzimmern.
Nicht übersehen werden konnte die sich durch den ganzen Neubau erstreckende Transparenz. Sie beginnt bei der Fassade mit den durchgehend wandhohen, nur durch hölzerne Pfetten und Aussentüren unterbrochenen Fensterfronten und setzt sich im Innern fort; selbst die Schulzimmer und Gruppenräume sind durch schmale Glaselemente vom Korridor her einsehbar. Farbige Akzente setzen die Türen und die kastenartig verschalten Wasserleitungen, doch nicht einfach um der Dekoration willen: Blau steht für Wasser, Rot bedeutet für Unbefugte verbotener Zutritt, grüne Türen stehen den Schülern offen und gelbe der Allgemeinheit. Angesichts der schlichten, modernen und doch irgendwie Traulichkeit ausstrahlenden Räume packte manche Einweihungsbesucher fast der Neid auf dem Rundgang durch das neue Schulhaus: «Da würd ich ä namal gärn i d Schuel gaa», meinte eine ältere Frau, und die Umstehenden pflichteten ihr flugs bei.
Die Primarschulpräsidentin Ursula Jehle eröffnete die offizielle Einweihung in der dicht besetzten Turnhalle mit einem kurzen Rückblick auf die Vorgeschichte des Neubaus. Nach umfangreichen Vorabklärungen sagte die Bevölkerung im September 1998 an einer ersten Orientierungsversammlung klar Ja zum Bau eines Zentralschulhauses, am 20. Mai 1999 stimmte die Schulgemeindeversammlung dem Projekt, dem Kredit von 2,62 Mio. und zur Finanzierung dem Verkauf der alten beiden Schulhäuser zu, am 6. September erfolgte der Spatenstich und pünktlich zum Schuljahresbeginn am vergangenen 21. August konnte der Betrieb im neuen Schulhaus aufgenommen werden.
Ein Stück Zukunft gebaut
Die Freude am gelungenen Werk leuchtete Jehle aus den Augen, als sie der Baukommission und insbesondere Architekt Cla Werro und seinem Mitarbeiter Daniel Bosshart herzlich dankte. Werro habe immer Zeit für sie gehabt, und stets Kompromisse gefunden zwischen den Wünschen der Baukommission und dem Machbaren. Ein Schulhaus bauen, heisse ein Stück Zukunft bauen, betonte Werro in seiner mustergültig kurzen Rede, in der er auch das sich über eine Bruttogeschossfläche von 1105 Quadratmetern erstreckende Raumprogramm umriss. Etwas Besonderes am Neubau ist, wie er schmunzelnd hervor hob, dass kein Schulzimmer rechte Winkel aufweist, und ganz speziell die Transparenz. Gesamthaft umfasst der Bau 300 Quadratmeter Glasflächen und dazu 34 Fenstertüren. Transparenz ist für Werro aber auch im Konstruktiven wichtig und bei der Materialwahl: «Beton, schlichte, unverputzte Kalksandsteinwände und Holz – alles darf offen und ehrlich gezeigt werden. Zum Beispiel auch das Dachwasser, das vor der Hauptfassade in einen mit Steinen ausgelegten Graben geführt wird und dort versickern darf. Das Wichtigste jedoch, das Leben, hätten mit dem Einzug die Kinder in den Neubau gebracht. Mit dem Dank für den Auftrag überreichte Werro der Schulpräsidentin einen goldenen Schlüssel, worauf sie die Einweihung als vollzogen erklärte: «D Schuel fangt aa!»
Doch bevor das neue Schulhaus zur Besichtigung freigegeben wurde, hatte Konrad Basler noch allerlei Interessantes «Vom Schulgeist in Dorlikons Schulstuben» zu berichten, und schliesslich trat auch noch Gemeindepräsident Peter Wettstein ans Mikrofon, um namens der Gemeinde für das «tolle» Schulhaus zu danken. Als Geschenk für die Schule überreichte er Jehle ein Gemälde des Künstlers Michael Wyss, der mit dem Kauf des Schulhauses Gütighausen auch etwas zur Finanzierung des Neubaus beigetragen habe.
Augen auf – Buchstaben entdecken
Bereits am Freitagabend hatte die Schulpflege bei einem Apéro mit den Gemeindebehörden die von den Schulkindern bemalten Balkontüren gewürdigt, die das pfiffige i-Tüpfchen auf dem beachtenswerten Schulhaus darstellen. Die beiden Bilder beidseits des Haupteingangs schuf Wyss, und das zentrale im Erdgeschoss Cla Werro; wer als Erste oder Erster die vier im Buchstabenchaos versteckten Wörter entdeckt, erhält von ihm einen Preis.