Interview: Zehn Jahre Busbetrieb

Die Buslinie Gütighausen-Seuzach feiert ihr zehnjähriges Bestehen. Was damals bei vielen Leuten mit Skepsis betrachtet wurde, hat sich anscheinend bewährt. Seit acht Jahren führt Renato Huser Leute aus unseren Dörfern mit dem Knöpfel-Bus zur Bahnstation in Seuzach und wieder nach Hause. Aus dem Alltagsleben eines Buschauffeurs hat er mir ein paar Fragen beantwortet:

Renato Huser, wann beginnt dein Arbeitstag?

Am Morgen stehe ich vor 5 Uhr auf. Spätestens um 5.15 gehe ich aus dem Haus, fahre nach Dinhard, um dort den Bus zu holen und fahre wieder zurück nach Gütighausen, wo der erste Kurs um 5.43 startet.

Da geht es also um Minuten und Sekunden schon am frühen Morgen. Bist du von Natur aus ein pünktlicher Mensch?

Ja. Ich schätze Pünktlichkeit und halte mich selber auch dran. Mittlerweile habe ich auch ein gutes Zeitgefühl entwickelt und muss nicht mehr immer auf die Uhr schauen. Das lernt man mit den Jahren als Buschauffeur.

Wie sieht denn dein Tagesablauf aus?

Ich arbeite in drei Blöcken, fange eigentlich dreimal pro Tag mit der Arbeit an, was eine lange Präsenzzeit bedingt. Jeder Kurs dauert jetzt eine Stunde, d.h. morgens um 5.43, 6.43 und 7.43 ab Gütighausen. Um 8.30 sind diese drei Kurse fertig. Am Mittag beginne ich wieder um 11.30 bis 13.30 und abends fahre ich von 16.30 bis 19.30. Nebst dem Fahren gehört auch noch das Putzen, Tanken, Bus holen und versorgen, Kasse erledigen usw. dazu. Im Tag lege ich eine Strecke von etwa 300 km zurück. Mittlerweile hat der Bus um die 500’000 km auf dem Buckel.

Hast du schon mal verschlafen?

Ja, ein einziges Mal, ganz am Anfang. Glücklicherweise war damals die Linie noch nicht sehr frequentiert. Es waren nur etwa drei Leute betroffen.

Warten die Züge jeweils, bis die Leute mit dem Bus eingetroffen sind?

Nein. Aber wir Chauffeure sind mit Natels ausgerüstet. So können wir uns bei den Bahnhöfen über eine spezielle Nummer melden, wenn wir mal in Verzug sind. Das kann es vor allem im Winter schon mal geben.

Wie bist du mit der Strassenräumung im Winter zufrieden?

Das klappt gut. Ich habe mit Schnee auf der Strasse keine Probleme. Was ich aber schlecht finde, ist die Strasse über Niederwil/Adlikon/Andelfingen. Das sollte verbessert werden.

Hat es schon mal Pannen gegeben?

Zweimal, aber mit keinen grossen Folgen. Das erste Mal konnte ich den Bus gleich in Dinhard auswechseln, die Leute mussten nur umsteigen. Das zweite Mal waren beim Kurs um 8 Uhr nur ein paar wenige Leute im Bus, welche mit einem zufällig vorbeifahrenden Schulbus nach Seuzach weiterfahren konnten.

Welches sind die schönen Seiten deines Berufes?

Positiv ist sicher mein Wohnort genau an der Bushaltestelle in Gütighausen. So entfällt ein Arbeitsweg. Den Kontakt zu den Fahrgästen schätze ich auch sehr. Am Anfang musste ich auch lernen, dass man als Buschauffeur der Öffentlichkeit ausgesetzt ist. Man weiss, wenn du mal krank bist, man kennt dich, man fragt auch, wenn man mich mal abends noch im Restaurant trifft: «Häsch du morn frei?»

Ich nehme an, es gibt zufriedene und unzufriedene Fahrgäste.

Ja, wie überall. Die Mehrheit ist aber zufrieden. Das zeigen auch die vom Zürcher Verkehrsverbund jährlich durchgeführten Auswertungen, wo die Fahrgäste den Chauffeur auf Pünktlichkeit, Sauberkeit, Fahrweise, Bedienung, Information usw. bewerten. In den vergangenen vier Jahren kam ich von 18 getesteten Unternehmen immer auf die ersten vier Plätze, einmal sogar auf den ersten. Darauf bin ich doch etwas stolz.

Welcher Kurs läuft am besten?

Ganz eindeutig der Kurs um 6.43 ab Gütighausen. Eine Entlastung hat jetzt der Stammheimer Zug um 7 Uhr für die Thalheimer, Altikoner und Welsikoner gebracht. Wir sind eigentlich froh, dass dieser Zug eingesetzt wurde. Bei einer Zählung der Fahrgäste kamen wir nämlich einmal sogar auf 92 Fahrgäste. Unser Bus fasst 44 Sitzplätze und für die Linienkurse sind inkl. Stehplätze total 88 Passagiere versichert. Im übrigen möchte ich noch erklären, weshalb ich manchmal mit dem roten Bus unterwegs bin. Der Linienbus ist dann nicht immer im Service. Der Verkehrsverbund schreibt vor, dass wir viermal pro Jahr während einer Woche diesen speziellen Bus fahren. Er wird auch auf anderen Linien eingesetzt und ist mit speziellen Geräten ausgerüstet. Die Fahrgäste werden genau gezählt und auch die Haltestellen analysiert.

Wie läuft die ausgebaute Linie nach Andelfingen?

Leider schlecht. Meistens fahre ich mit 1 bis 3 Leuten nach Andelfingen, über den Mittag führe ich vielfach nur leere Stühle, das macht auch keinen Spass.

Aber kann man sagen, dass seit Inbetriebnahme der Linie Gütighausen-Seuzach eine Steigerung mit den Fahrgästen stattgefunden hat?

Ja, sicher. Am Anfang waren auf dem ersten Kurs vielleicht etwa 3 Leute im Bus, heute je nach Tag sicher 10 bis 15.

Seit einiger Zeit fahren auch die Schüler unserer Dörfer mit dem Bus zur Schule. Welche Erfahrungen hast du gemacht?

Sehr gute, ausser mit dem Dreck, den sie mir in den Bus bringen! Nein, ich habe den Plausch mit ihnen. Man muss einfach etwas mit ihnen machen. Einige haben kleine Jobs gekriegt. Sie dürfen die Kärtlis entwerten, zählen oder mal selber an die Kasse. Das machen sie dann sehr gerne.

Renato Huser, ich danke dir im Namen der Dorfposcht für dieses Interview und wünsche dir weiterhin gute Fahrt mit dem Bus und möglichst viele zufriedene Fahrgäste.

Marlies Schwarz

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