Portrait: Ursy Trösch vom Schweizer Radio DRS

Würde sie Fernsehsendungen moderieren, wäre ihr Gesicht auch in unseren Dörfern bekannt. Beim Radio, wo sie seit mehr als zwanzig Jahren tätig ist, macht jedoch nicht das Gesicht sondern die Stimme den Bekanntheitsgrad aus. Wer ab und zu Sendungen des Schweizer Radios DRS 1 hört, wird das reine «Baseldytsch» von Ursy Trösch sicher schon gehört haben. Wer steckt nun hinter dieser Stimme? Eine Frau, die schon viel Interessantes erlebt hat, sich immer wieder für verschiedene Dinge begeistern kann und sich ihre Hobbys zum Beruf gemacht hat. Einerseits liest sie gerne, andererseits arbeitet sie sehr gerne im Garten und kämpft zur Zeit wie alle Hobbygärtner mit den Schnecken. In der Sendung Siesta, die jeweils am Nachmittag ausgestrahlt wird, sind es denn auch immer wieder diese Themen, die in ihren Berichten aufgenommen werden. Als das tollste an ihrem Beruf bezeichnet sie die vielen Begegnungen mit Leuten und die Vielseitigkeit der Themen. «Ich kriege so eine völlige Halbbildung auf ganz verschiedenen Gebieten», meint Ursy Trösch lachend. Ihre Sendungen beinhalten vielfach Gespräche mit Fachleuten, und als Journalistin ist sie ganz klar Fachfrau auf einem Gebiet: sie weiss, wie und wo zu recherchieren ist und Infos zu holen sind.

Hintergründige Radiosendungen

Welches sind nun die Sendungen, die Ursy Trösch gestaltet und moderiert? Zusammenfassend erklärt sind es sogenannte Hintergrundsendungen im Gegensatz zu den aktuellen Sendungen, die Nachrichten und Tagesthemen beinhalten. Nebst der Siesta ist sie auch im Ratgeber, einer Kurzsendung, die jeweils um 11.10 Uhr ausgestrahlt wird, zu hören. Selten macht sie auch die Sendung z.B. am Donnerstag Abend, wo es vielfach auch um Umweltthemen geht. Beim Ratgeber erhalten die Hörerinnen und Hörer aktuelle Tipps, ob dies nun Garteneinkaufs-, Koch- oder kulturelle Tipps sind. Hier reicht die Liste der Themen vom frischen Knoblauch über die Spargeln bis zu einzelnen Kochrezepten. Kürzlich besuchte Ursy Trösch sogar mit zwei Mädchen aus Gütighausen das Naturmuseum in Frauenfeld, wo sie zusammen eine Wildsau-Ausstellung besichtigten. Nebst dem Hinweis auf die Ausstellung war beabsichtigt, aus Sicht der beiden Mädchen eine kurze Reportage über das Wildschwein zu senden. «Meine Stimme hört man schon genug am Radio», meint Ursy Trösch, «Kinder sehen das alles mit anderen Augen und sind vor allem sehr unbefangen. Das Erlebnis war hochinteressant.»

«Ich habe eigentlich zu wenig Zeit für Hobbies»

Auf ihre Hobbys angesprochen, gibt Ursy Trösch zu bedenken: «Ich habe eigentlich zuwenig Zeit dafür. Gerne würde ich mehr Zeit in meinem Garten verbringen und auch das Lesen steht vielfach mit meinem Beruf in Verbindung.» In der Siesta sind es denn auch immer wieder Kochsendungen, Buchbesprechungen oder Reiseberichte. Es soll eine gute Mischung zwischen Unterhaltung und Anregungen sein. Sie erzählt begeistert auch von einer Sendung, in welcher sie einen blinden Mann als Gast eingeladen hatte: «Die Sendung hatte den Titel ?Sehenswürdigkeiten — und was noch?› und der Blinde erzählte, wie er trotz seiner Behinderung Reisen unternommen, und wie er sie erlebt hatte. Und einmal kam ich sogar über die Dorfposcht auf ein Thema. Ein vor ein paar Jahren veröffentlichter Reisebericht eines Einwohners aus Thalheim, der in Alaska die Bären beobachtet hatte, hat mich angesprochen und ich lud den Mann zu uns ins Studio ein.»

Wer Radio hört, sich am Fernsehen Sendungen anschaut oder Zeitungen und Zeitschriften liest, stösst irgendwann mal auf etwas, das ihn stört oder etwas das ihn freut. Greifen Herr und Frau Schweizer dann zum Telefon oder zum Briefpapier und melden sich bei einer Radiofrau? «Früher, als ich noch in den Print Medien tätig war, erhielt ich praktisch keine Reaktionen, ausser ich wäre mal irgendwo ins Fettnäpfchen getreten,» erklärt Ursy Trösch. « Beim Radio und auch beim Fernsehen gibt es schon Reaktionen. Ich kriege tatsächlich persönliche Briefe von Hörerinnen und Hörern, die begeistert waren, aber auch von Leuten, die sich geärgert haben. Die positiven Reaktionen überwiegen, und das freut mich.»

Volontariat beim «Du»

Wie ist denn Ursy Trösch überhaupt zum Radio gekommen? Angefangen hat sie mit einem Volontariat bei der Kulturzeitschrift Du. Später folgte eine Tätigkeit als Reporterin bei der Zeitschrift Femina, wo sie zusammen mit einem Fotografen mehrseitige Reportagen erstellte und dies als ganz gute Zeit in Erinnerung hat. Zum Radio kam sie schliesslich, nachdem sie als freie Journalistin eine Radio-Redaktorin interviewt hatte. «Ich hatte vor, für ein Jahr nach Afrika zu gehen und fragte die Frau, ob sie an einem Bericht über diese Zeit interessiert wäre.» Weiter berichtet sie: «Die Zeiten waren dazumal noch anders als heute, und es wurde mir vorgeschlagen, ich solle mich nach meiner Rückkehr wieder beim Radio melden. So kam ich dann zu meinem Einstieg mit drei Sendungen, in welchen ich über das Alltagsleben und meine Erfahrungen als Europäerin in Afrika berichtete.» Es war noch zu den Zeiten der Sendung Frauenstunde um 14 Uhr, an welche sich viele Leute sicher noch erinnern können.

Verglichen mit dem Fernsehen erlebt Ursy Trösch beim Radio ein überblickbareres Arbeitsfeld. Früher hat sie auch mal beim Fernsehen geschnuppert. Schliesslich hat sie jedoch die Erfahrung gemacht, dass der Kontakt zu Menschen in einer Radiosendung viel persönlicher ist. Sobald ein Kameramann und ein Tontechniker eine Sendung mitgestalten (und beim Fernsehen geht es nur so), geht für sie viel wesentliche Intimität am Gespräch verloren.

Wer nun aber glaubt, eine Radio-Redaktorin könne nicht auch mal zupacken, hat sich getäuscht. Weil sie viele Kochsendungen mache, wollte sie vor einiger Zeit einmal in einer Küche mithelfen und liess sich quasi als Schnupperlehrling in einem Restaurant anstellen. Es sei zwar harte Knochenarbeit gewesen, meint Ursy Trösch. Die Erfahrungen waren es aber wert, auf das Abenteuer einzusteigen.

Gütighausen bietet Erholung

In Gütighausen findet sie vor allem Erholung. Das Leben auf dem Land gefällt ihr, die Natur geniessen, die Ruhe erleben, das sind wertvolle Lebensqualitäten, die sie zu schätzen weiss. Auf die Frage, ob sie auch an unserem Dorfgeschehen interessiert sei, meint sie spontan: «Die Dorfposcht lese ich immer sofort.» (Was uns vom Redaktionsteam natürlich besonders freut.) In Gütighausen hat sie bereits verschiedene Kontakte geknüpft. Thalheim kennt sie noch weniger. Regelmässig nimmt sie an den Abstimmungen und Wahlen teil, wobei sie aber meint, sie kenne manchmal leider den Hintergrund etwas zuwenig. Weil sie beruflich bedingt nicht immer hier wohnen kann und ihr Herz wohl auch noch etwas mit Basel verbunden bleibt, ist mehr gar nicht möglich.

Nachdem ich mich bei der sympathischen Radiofrau für das Gespräch bedankt und mich verabschiedet habe, denke ich darüber nach, ob ich in nächster Zeit Radiosendungen mit anderen Augen respektive Ohren konsumieren werde. Viel zuwenig bewusst ist uns allen wahrscheinlich, wieviel dahinter steckt. Die eigentliche Sendung ist nur die Präsentation aller zuvor getätigten Recherchen und Vorarbeiten. Die Begeisterung, mit welcher Ursy Trösch an ihre Arbeit herangeht, konnte ich jedenfalls sehr spüren.

Marlies Schwarz

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