Die Gemeinden entlang der S-29-Linie setzen sich gegen das geplante «Randstundenkonzept» des ZVV zur Wehr. Worum geht es überhaupt?
Busse statt Bahn in den Randstunden!
Der ZVV plant, dass ab dem Fahrplanwechsel l999 unter anderem auch auf der S-29 (Winterthur-Stein am Rhein) abends ab 20 Uhr keine Züge mehr verkehren, statt dessen soll die Verbindung mit einem Busbetrieb aufrecht erhalten werden. Dieser Bus würde ab Winterthur via den Rosenberg nach Seuzach und von dort über Welsikon, Thalheim, Gütighausen, Ossingen, Waltalingen, Stammheim nach Stein am Rhein fahren. Laut ZVV sollen damit Einsparungen von rund 1, 7 Millionen Franken erzielbar sein. Die RVK (Regionale Verkehrskonferenz) Weinland setzte sich mit diesem Konzept auseinander und stellte fest, dass daran einiges «faul» ist.
Da ist einiges faul!
Der Bus kann nicht zu den Bahnhöfen verkehren, sondern soll z.B. in Seuzach beim «Kreisel» und in Ossingen bei der Abzweigung nach Gütighausen halten (in Stammheim ist die Lage noch unklar, Halt vermutlich bei der Post Unterstammheim). Damit ist aber dem Pendlerverkehr nicht geholfen, denn wer sein Velo oder Auto beim Bahnhof hat, muss es auch dort wieder abholen. Eine Fahrt zu den Bahnhöfen würde indessen die Busfahrt noch unattraktiver machen, zudem würde die Fahrdauer länger und in Stein am Rhein wären die Anschlüsse an den Untersee nicht mehr gewährleistet.
Die vom ZVV vorgerechneten «Einsparungen» sind nicht erreichbar. Einerseits würden die Ertragsrückgänge sicher höher ausfallen als die vom ZVV angenommenen fünf Prozent (es liegen Vergleichszahlen von der auf Bus umgestellten Strecke Gossau–Weinfelden vor, die Einbussen von 18 Prozent brachten; bezeichnenderweise waren diese Zahlen dem ZVV nicht einmal bekannt!). Andererseits aber sind die Einsparungen «falsch» berechnet. Der ZVV rechnet mit 18 Prozent weniger Zugverkehr, was 18 Prozent weniger Kosten ergebe. Dies ist aber unwahr, weil die Bahnkosten zu zwei Dritteln aus Fixkosten (Rollmaterial, Schienen etc.) bestehen, die auch dann anfallen, wenn abends kein Zug mehr fährt. Zwar stimmt es, dass diese Kosten nicht vom ZVV berappt werden müssen, doch deshalb verschwinden sie nicht einfach. Volkswirtschaftlich betrachtet, bringt die Umstellung keine Einsparung, sondern gar Mehrkosten.
Frequenzzuwachs von 70 Prozent
Die S-29 ist nach dem in diesem Sommer durchzuführenden Umbau eine der am besten rationalisierten Bahnlinien der ganzen Schweiz. Für die Betriebsabwicklung werden nur noch zwei Lokführer benötigt. Seit 1990 verzeichnet die Linie einen Frequenzzuwachs von 70 Prozent; seit der Einführung des Morgen-Zusatzzuges im Jahr 1995 konnte die Tagesfrequenz nochmals um 13 Prozent erhöht werden. Es ist ein Schelmenstück, wenn dieser Erfolg mit einem nicht durchdachten Konzept in Frage gestellt werden soll.
Randregionen sollen für Mehrkosten geradestehen!
Während bei uns an Leistungen abgebaut werden soll, wird andernorts weiter ausgebaut. So soll an der «Goldküste» der Viertelstundentakt eingeführt werden, was Kosten von zehn Millionen Franken verursacht. Auch wenn die ZVV-Verantwortlichen dies bestreiten, so ist doch anzunehmen, dass wir im Weinland (nebst anderen Randregionen) für diese Mehrkosten geradestehen sollen. Nachdem die S-29 seit längerem als «Stiefkind» behandelt wird (erinnert sei an den falschen Takt), entsteht unweigerlich der Eindruck, dass es sich weniger um ein «Randstunden-», dafür um so mehr um ein «Randständigenkonzept» handelt.
Der zehnseitige Bericht der RVK bringt noch eine ganze Reihe von weiteren Argumenten vor, der Bericht kann von interessierten Einwohnern bei der Gemeindekanzlei gratis bezogen werden.
Die Gemeinden haben unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sie das Ansinnen des ZVV unmissverständlich und geschlossen ablehnen. Ob dies viel nützt, ist freilich eine andere Frage, juristisch haben die Gemeinden, obwohl sie zusammen fünfzig Prozent des ZVV-Defizits tragen, keine Einflussmöglichkeit; entscheiden wird auf Antrag des Verkehrsrates der Regierungsrat.
Helfen Sie mit, das Randstundenkonzept zu Fall zu bringen!
Das Randstundenkonzept kann nur dann noch zu Fall gebracht werden, wenn der nötige politische Druck dagegen entsteht. In diesem Sinne kann jeder einzelne, also auch Sie dazu beitragen, z.B. indem Sie Ihnen bekannte Politiker «einspannen», Leserbriefe schreiben und aktiv werden.