«Der Ustig wott cho, der Schnee zergeit scho, der Gugger hät gschraue, der Himmel isch blaue, der Meye syg choo aliaho …»
Bald 200 Jahre alt sind diese Verse, die wir in der Schule noch gesungen haben. Verse, die das «Chüjerläbe» besingen. Ich weiss nicht, ob dieses Lied von den heutigen Chüjerslüt, ob auf der Alp überhaupt noch gesungen wird. Vielleicht ist eher der Walkman der musikalische Begleiter auf der Weide.
Was bedeutet eigentlich «Ustig»? Dieser Begriff, der «Austag», ist in unserer Gegend eher unbekannt. In den Austagen wurde das Vieh zum ersten Mal aus dem Stall gelassen, auf die Weide gebracht. Später kam dann der Alpauftrieb, meist im Mai.
Was den «Gugger» anbelangt, so hat dieser Vogel einen zweifelhaften Ruf. Das heisst, nicht sein Guggugesang ist zweifelhaft, es ist die Gewohnheit, das Nest eines Singvogels als Wiege für den eigenen Nachwuchs zu beanspruchen und den Adoptiveltern die Fütterung des jungen Vogels zu überlassen. Der Ausspruch: «Wänn en nu de Gugger holti» ist kein frommer Wunsch. Kürzlich wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass die Redensart vom Geld im Sack haben, wenn man den Ruf des Kuckucks vernimmt, einen realen Hintergrund in dem Umstand habe, dass früher die bäuerliche Bevölkerung von den Herbsteinnahmen (Getreide, Kartoffeln, Weinverkauf) den Winter überleben musste und somit diejenigen, die im Frühling beim Ruf des Kuckucks (noch) Geld im Sack hatten, sich glücklich schätzen konnten.
Im Zusammenhang mit den Jahreszeiten und der Vogelwelt gibt es noch weitere Redensarten. Dass «eine Schwalbe noch keinen Sommer macht», will ja wohl auf die Launen des Frühlings hinweisen.
Ob der Ruf der Wildtaube im Frühling, aus diesem Spruch herausgehört wurde …:
Hans Ruedi bisch z Mëërt gsi,
häsch Brot gchauft –
isch’s tüür gis?
Heijo – schmöck …
Ob dieser Ruf ebenfalls mit der kargen Zeit des Winters zu tun hatte oder was für eine Bedeutung ihm zugrunde lag, das wäre noch zu ergründen.
Els Morf